Der Mann, der Leuten Märchen erzählt

 

Märchenerzähler sitz auf bunter Bühner vor Zuschauern

 

Im Folgenden möchte ich Ihnen/Euch einen Artikel zitieren, der meine Arbeit als Märchenerzähler würdigt. Er heißt „Der Mann der Leuten Märchen erzählt“ und wurde am 7. Oktober 2021 in den KIELER NACHRICHTEN veröffentlicht, Verfasserin ist Frau Cornelia D. Müller:

Stress, belastende Situationen. Grübelei, Sorgen ums Morgen: Clemens Kremer aus Tüttendorf, der in der Basisgemeinde Wulfshagenerhütten lebt, hat ein Rezept dagegen. „Das hat mir schon immer selbst geholfen“, bekennt der 63-jährige. Seine Medizin: Märchen. er hat sich deshalb neben dem eigentlichen Beruf zum professionellen Märchenerzähler ausbilden lassen. Jetzt hilft er anderen dabei, sich selbst zu kurieren, wenn sie ihm aufmerksam zuhören.

„Märchenonkel“, das klingt etwas abfällig, wenn Erwachsene das Wort benutzen. Der gute (alte) Mann, der Kindern schmunzelnd einen Bären aufbindet und mit ihnen zusammen in Fantasiewelten abtaucht, in denen jede noch so böse Geschichte gut ausgeht. Nichts für Erwachsene also? „Im Gegenteil“, hält Kremer dagegen und lächelt strahlend. „Märchen lesen, erzählen und hören hat von jeher therapeutischen Wert, auch für Erwachsene. Märchen machen Mut, stärken den Durchhaltewillen, öffnen das Herz, geben Zuversicht und Hoffnung. Dabei rede ich von echten Märchen und Legenden. Sie haben einen weisen Kern, geben eine Botschaft fürs Leben mit, etwas, das sich auch emotional und unterbewusst einprägt.“

Noch etwas ist dem Erzähler wichtig: „das ist ähnlich wie bei biblischen Geschichten, die ich ebenfalls gerne vortrage. Dabei geht es mir wie bei den Märchen um den inneren Gehalt, der immer den Glauben an Liebe, Hoffnung und etwas Eessntielles, das größer ist und dem wir vertrauen können, als Grundlage hat. Weisheit in Form von Geschichten, die anrühren und verzaubern, finden wir in allen Religionen.“

Märchen machen Mut, stärken den Durchhaltewillen, öffnen das Herz, geben Hoffnung.

Hat Kremer den Nutzen schon als Kind erfahren? Als kleiner Junge sei er fasziniert und immer auch beruhigt gewesen, wenn die Mutter Märchen vortrug.

„In den 1960er-Jahren habe ich die Spannungen der Erwachsenen in meiner Heimatstadt gespürt. Nazizeit und Bombardierungen wirkten auch bei den Eltern und dem Großvater stark nach. Es gab viel Unausgesprochenes. Grimms Märchen waren mir über diesen unbewusst wahrgenommenen Abgründen wie ein Geländer, eine Hilfe, die eigene Balance zu finden und zu halten“, berschreibt er seine Erfahrungen. Kremer studierte katholische Theologie und Kunstgeschichte, was Zivi im Krankenhaus, Krankenpflegehelfer und schloss sich 1983 mit Frau und Kindern der christlichen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Wulfshagenerhütten an. Den eigenen Kindern, die heute längst erwachsen sind, erzählte das Paar mit Leidenschaft Geschichten, die begeistert aufgenommen wurden.

In der Holzwerkstatt der Basisgemeinde, die international gefragte therapeutische Holzspielgeräte für Kindergärten und Schulen fertigt, arbeitet Kremer bis heute im Verkauf und Vertrieb. Von 2017 bis 2019 ließ er sich bei dem Verein „Märchenhaft leben“ in Vlotho binnen zweier Jahre nebenbei zum Märchenerzähler ausbilden. „Die zweite Profession, die ich nun ausübe, muss und soll mich nicht ernähren“, betont er. „Sie macht mir vor allem Freude, weil ich erlebe, wie sehr sie Kindern und Erwachsenen Freude macht und Zuversicht weckt.“

Und so hören jetzt Besucher von Märchennachmittagen und -abenden gebannt zu, wenn Kremer seine Kappe aus buntem Samt aufsetzt und fei erzählt.  „Ich lese nie vor, habe kein Buch dabei“, unterstreicht er. Ist das Publikum klein, kann sich der Erzähler quasi mit den Märchenfiguren im Raum oder im Freien bewegen und das Publikum zur Interaktion animieren:  „Ähnlich wie in Träumen werden Zuhörerinnen und Zuhörer tiefer berührt. Die Bilder können in der Seele Lebensmut und Liebe freisetzen.“ Auch wenn es um Grausamkeiten geht, die Kritiker etwa in Grimms Märchen beschrieben sehen? Kremer sagt „Ja“. Die tiefere Aussage sei bei Geschichten, die er aussucht, „immer der Weg heraus und die Befreiung als pisitives Signal zu verstehen“.

Soweit der Artikel von Frau Müller. Eine Aussage muss ich allerdings etwas richtigstellen. Das Märchen und Geschichtenerzählen soll  durchaus zu unserem Unterhalt in der Gemeinschaft beitragen, besonders wenn ich demnächst Rentner bin.

Da die Pandemie nun wieder Fahrt aufnimmt, werde ich zeitnah eine vituelle Märchenstunde durchführen. Rechtzeitig vorher werdet Ihr eingeladen, per Mail und auf diesem Blog unter „Termine“. Gute Herbst- und Winter-Zeit Ihnen und Euch!